Als Klanginstallationen ist Fragmente von dem Lied der Erde (Anne Duk Hee Jordan) an drei Stellen zu hören: in der Krypta, im Eingangsbereich des Ehrenhalles, und in der Ehrenhalle. Der Originaltext mit dem Titel Das Lied von der Erde (Gustav Mahler) wurde von Mmakgosi Kgabi eingesprochen und in die von Mikatsiu komponierte Klanglandschaft eingebettet. Am 4. und 19. September wird dieses Frequenzkontinuum durch klangliche Manifestationen von Sara Neidorf und Mikatsiu in der Ehrenhalle unterbrochen. Das Duo aus Schlagzeug und Cello wird sich Mahlers Erbe mit gezielter Metal-Attitüde annähern.

An welche Art von „Ehre“ erinnert sich dieser Boden? Wer ist es wert, erinnert und angebetet zu werden? Welche Soldaten werden geehrt und wessen Grabsteine werden getilgt, um durch andere ersetzt zu werden? Wo der Staub des Krieges Traumata und Stimmen begraben hat, hat er Trümmerberge und Müllhügel errichtet, Räume, in denen Filme gedreht und schwarze Soldaten während der Dreharbeiten zu Tode massakriert wurden. Ein Berg mit Zeugnissen von Ökologien und den Stimmen derer, die ständig ausgelöscht wurden.

Die Ehrenhalle schafft Raum für Ideologien derer, an die man sich erinnern sollte, aber es ist keine Grabstätte, die jedem gehörte. Der Staub, der sich abgelagert hat, spricht von den schwarzen Kriegssoldaten, die in Lagern im Tempelhofer Feld eingesperrt sind, lässt die Gespräche und Massaker am Filmset der UFA-Studios vibrieren, enthüllt die Pilze, die auf den Kadavern alter Requisiten für das afrikanische Filmset gewachsen sind, und verkörpert die Zerstörung des kolonialen „Paradieses“ der Befreiung und der antikolonialen Bewegungen, die von schwarzen Frauen der afrikanischen Diaspora erhoben und organisiert wurden. Eine Handvoll Staub kann Angst in sich bergen, aber sie kann auch Geschichten aufzeigen, die vergessen werden sollten und unweigerlich Rituale zur Heilung auslösen. Dieser Müll- und Staubhaufen verunsicherte, er öffnete Ruinen jahrelanger Familiengeschichten: Der Geschichte meines Urgroßvaters, eines Kriegsgefangenen in einem deutschen Koloniallager in Südkamerun, die durch unglaubliche Transformationen von Ritualen durch die Schwingungen von Ökologien, der Dunkelheit übertragen wurde. Die Angst vor dem Verschwinden, die durch Luft und Boden drängt, mutiert zum eigenen Körper, zum Mythos, zur Erzählung, zur Geschichte.

Rosch ha-Schana ist der jüdische Neujahrstag. Es ist buchstäblich das „Haupt“ - „Rosch“ bedeutet auf hebräisch der Kopf - des Jahres, was dem Jahr eine viszerale Existenz verleiht. Denn wenn das Jahr einen Kopf hat, muss es auch einen Körper haben. Welche Art von Ethik beinhaltet diese Körperlichkeit?

Traditionell stellt Rosch ha-Schana nicht nur den Beginn des Jahres dar - dieses ist das Jahr 5781 - sondern eröffnet auch die Zeit der hohen Feiertage, welche auch „die schrecklichen Tage“ genannt werden. Es ist eine Zeit der Meditation über Vergebung: Gelübde werden aufgehoben, Vereinbarungen neu bewertet, Entscheidungen in Frage gestellt, Welten auseinandergerissen und neu aufgebaut, um so ein tiefes Verantwortungsbewusstsein zu offenbaren. Sich entwirrend und sich neu erfindend, geht dieses Bekenntnis gleichermaßen durch den singulären und den sozialen Körper.

Wir versammeln uns um Ideen, symbolische Lebensmittel und verkörperte Rituale, umgeben von der völligen Ablehnung des unheimlichen Anderen – nämlich dem Körper der Toten und dessen Schönheit, die um sie herum und aus diesen herauswächst. Wir suchen nach dem Moment der Vergebung. Es ist ein riskantes ethisches, spirituelles und politisches Unterfangen, dessen Mechanik das Potenzial in sich birgt, Dinge, Gewohnheiten, Überzeugungen für immer loszulassen. Lasst uns Speere zu Haken und Ausrufezeichen zu offenen Fragen transformieren!

Ich bin unzerstörbar: eine Arbeitsmaschine, eine Sexmaschine. Ich bin sauber, homogen, mit richtigen Gedanken im Kopf und trage ein strahlendes Lächeln auf meinen saftigen Lippen. Im Inneren bin ich Terror, Angst und Schmerz. So viel Schmerz.

Der Außenkörper der Ehrenhalle erinnert mich daran, wie faschistische Ideologien uns schon immer zwingen, Mauern durch unser Selbst zu treiben. Zwischen dem Chaos und dem Schmerz unserer inneren Welten und dem perfekten Äußeren. Besonders der schmutzige, unbeholfene Schmerz von Krankheit muss tief in unserem Inneren vergraben sein. Dort drinnen hallen unsere stillen Stimmen immer wider. Unerhört. Ich persönlich habe mein gesamtes Erwachsenenleben mit zwei häufig vorkommenden, chronischen schmerzbedingten Erkrankungen verbracht, die als Endometriose und Adenomyose bezeichnet werden. Diese beiden Krankheiten können extreme körperliche und seelische Schmerzen verursachen und vielen Frauen wird meist entgegengebracht, dass sie verrücktseien oder ihnen wird überhaupt kein Glaube geschenkt. Wenn wir als Frauen auf Grund dieser Schmerzen unsere Sexualität nicht ausleben können, wird uns häufig gesagt: „So ist es halt , eine Frau zu sein” oder „Es kann sicher nicht so schlimm sein.”

Ich persönlich bin fest davon überzeugt, dass das Erkennen und das Verständnis von Schmerz ein großer Schritt ist, um diese harte Hülle um uns herum aufzuweichen. Lasst eine frische Brise herein und erlaubt uns, unser aller Gesichter unverhüllt und ehrlich zu betrachten. Menschheit. Dies ist meine Geschichte über Schmerz und eine Reflexion über die Vergangenheit und die Zukunft.

Als Klanginstallationen ist Fragmente von dem Lied der Erde (Anne Duk Hee Jordan) an drei Stellen zu hören: in der Krypta, im Eingangsbereich des Ehrenhalles, und in der Ehrenhalle. Der Originaltext mit dem Titel Das Lied von der Erde (Gustav Mahler) wurde von Mmakgosi Kgabi eingesprochen und in die von Mikatsiu komponierte Klanglandschaft eingebettet. Am 4. und 19. September wird dieses Frequenzkontinuum durch klangliche Manifestationen von Sara Neidorf und Mikatsiu in der Ehrenhalle unterbrochen. Das Duo aus Schlagzeug und Cello wird sich Mahlers Erbe mit gezielter Metal-Attitüde annähern.

In Bezugnahme auf Freuds topisches Modell des psychischen Apparats – bestehend aus Ich, Es und Über- Ich wird in dieser als Abschlussmoment der Ausstellung gedachten Sound-Improvisation, ein musikalisches Experiment und eine Verbindung zu den Erfahrungen der Ehrenhalle als lebender Körper geschaffen.

Die drei Musiker*innen Cymin Samawatie (Gesang), Korhan Erel (Elektronik) und Ralf Schwarz (Kontrabass) stellen die Zusammenhänge und Gegensätzlichkeiten der Geschichte des Raumes mit den unterschiedlichen Klangsprachen, Stimme-Maschine-Klassisches Instrument, zueinander in Dialog. Dem Besucher wird durch diese experimentelle Audio-Collage eine andersartige Kommunikation und umfassendere Verbindung zu den gesamten Anteilen des eigenen Ichs, zu dessen fremden und verdeckten Teilen eröffnet, um so einem tieferes Verständnis für Widersprüche unserer Geschichte und unserem Selbst zu erlangen. Dies ist die erste Zusammenarbeit des Künstlers Viron Erol Vert mit den drei Musiker*innen Cymin Samawatie, Korhan Erel und Ralf Schwarz.